23.02.2014, 08:00

Docks - +++ FRÜHER IST ALLES BESSER +++

Viele Wege führen ins chemische Ungleichgewicht, nähern wir uns auf dem direkten, über etwas, was wir noch nie gesehen oder berührt haben, aber dennoch ständig von ihm berührt werden, weil wir uns in seiner Abwesenheit traurig fühlen und glücklich, wenn es da ist – nein, nicht der Partner aus der verkitschten Romanze, das Haustier, das geliebte Kind oder die Schönheit des eigenen Spiegelbilds - sondern das Molekül des Monats, von dem alle schonmal gehört und Dienstags unter ihm gelitten haben, der Stoff des Glückes und der Leere, und wohl auch der Träume und vielem mehr – oh du Serotonin.

Vielleicht, so bitter und süß kann das selbstehrliche Leben sein, ist es streng besehen das einzige, woran wir uns wirklich erfreuen können, denn egal ob Romanze, Katze oder Kind, unausweichlich steht das Serotonin zwischen den Objekten da draußen und den Gefühlen hier drinnen, die Welt ist eine Serotonin vermittelte, und ob wir es kontrollieren oder nicht vielmehr wir von ihm kontrolliert werden, oder ob schon die Frage unsinnig ist, da es die Differenz nicht gibt und Serotonin ein Teil von uns ist oder wir teilweise Serotonin, ja, das sind eher so Themen für die Afterhour. Vorher zu den Fakten:

Eine Vorstufe des Serotonins mit dem wohlklingenden Namen Tryptophan, der wohl vorahnungsvoll so getauft wurde bevor man entdeckte, dass Stoffe wie Psylocibin, DMT und LSD zu seinen Derivaten zählen, müssen wir Menschen über die Nahrung aufnehmen um Serotonin bilden zu können. Was auch wir bis eben nicht wussten, ist eben jenes Tryptophan ein uralter Stoff und sowas wie der Lichtsensor von Pflanzen, der den vielleicht wichtigsten biologischen Vorgang auf diesem Planeten ermöglicht, die Verwandlung von Sonnenlicht in Energie, Photosynthese. Es ist seine Weiterentwicklung, das Serotonin, welches Pflanzen dazu bringt, sich in Richtung Sonne zu wenden, - ganz so, wie es Raver dazu bringt, sich einander zuzuwenden.

Was uns zu den sozialen Wirkungen des Serotonins führt. Ein Experiment: Affen unterhalten eine ausgefeilte Gruppenhierachie, in der einer der dominante, sozusagen der Oberaffe ist. Man hat herausgefunden, dass der Oberaffe derjenige mit dem höchsten Serotoninspiegel der Gruppe ist. Es ließe sich etwa dadurch erklären, dass er irgendwelche indirekt mit Serotonin zusammenhängenden Fähigkeiten besitzt. Doch, und jetzt kommts: nimmt man den Oberaffen aus der Gruppe und gibt man einem vorher nicht besondere Fähigkeiten zeigendem unterrangingen Affen Substanzen wie Antidepressiva, die seinen Serotoninspiegel erhöhen, arrangiert sich die soziale Ordnung derart, dass jetzt er der neue Oberaffe wird. Hä? Woher wissen die Affen, wer das meiste Serotonin hat? Why do they care? Und mehr: in nahezu allen Arten, vom Lobster bis zum Lizard, korreliert Serotonin mit sozialem Status.

Wir wollen natürlich nicht in Anthropomorphismen verfallen und, das ist wichtig: traue nie im Leben einer mono-aminen Erklärung! - aber wirft das nicht auch ein Schwarzlicht auf eine Subkultur, zu deren ureigenen Ritualen das vielfältig verfeinerte Spiel mit dem Serotonin gehört? Geht’s bei uns letztlich auch um den Serotoninspiegel, oder doch um das eigene Spiegelbild, oder ums schnöde Testosteron? Wer ist eigentlich im Club der Oberaffe und wie ließe sich das ändern, und wie wäre eine Welt, in der diejenigen an der Macht wären, die das meiste Serotonin haben? Wir wissen es nicht, aber wir erforschen das weiter. Mit:

Ittetsu
Marcel Brandes
Julius Steinhoff
Kalimán aka Sādhanā & Paul Gregor
Pony & Pio
Flexxi
Herr Hoppe
Alexander Getan
Marco Baskind
DJ The Greatest